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Romantik (1798-1835) – Epoche der Literatur

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Epoche: Romantik

Der Begriff Romantik stammt vom altfranzösischen romanz, romant oder roman ab, welche alle Schriften bezeichneten, die in der Volkssprache verfasst wurden. Romantisch bedeutet etwas Sinnliches, Abenteuerliches, Wunderbares, Phantastisches, Schauriges, Abwendung von der Zivilisation und Hingabe zur Natur.

Die Romantik als Epoche zeichnete sich durch romantisches Denken und romantische Poesie aus, z. B. Kritik an der Vernunft, Aufhebung der Trennung zwischen Philosophie, Literatur und Naturwissenschaft, Naturnähe, Erleben des Unbewussten.

Philosophische Grundlagen

Die Philosophischen Grundlagen der Romantik sind eine Gegenposition zur Rationalität der Aufklärung. Ein Vorläufer war in Deutschland die Gefühlsbetontheit der Empfindsamkeit. Eine wichtige Bedeutung erhielt die Romantik in Bezug auf die Orientierung an der mittelalterlichen Lebensweise und Kultur und der Hinwendung zur Volkspoesie.

Die Philosophie der Romantik war geprägt von einer subjektiven Weltanschauung. In Fichtes Wissenschaftslehre (1794) stand ein von Sittlichkeit befreites und schöpferisches Ich im Mittelpunkt. Außerdem wurde die Einheit von Natur und Geist betont, die z. B. in Schellings Ideen zu einer Philosophie der Natur (1797) zum Ausdruckt kam.

Geschichtsbezug und Historischer Hintergrund

Die Romantik entstand in einem Wechsel von der feudalen zur bürgerlichen Gesellschaft und verstärkte die Entwicklung eines bürgerlichen Selbstbewusstseins. Jedoch gab es in der Romantik kaum gesellschaftskritische Stimmen.

1806 kam es zur Auflösung des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation und zur Gründung des Rheinbundes. 1807-1814 wurden die Preußischen Reformen eingeleitet (Bauernbefreiung, Gewerbefreiheit, Städteordnung, Heeresreform, Bildungsreform, Judenemanzipation). 1812 zog Napoleon in den Krieg gegen Russland.

In der Zeit zwischen 1813-1815 fanden die Befreiungskriege statt. Vom 16.-19.10.1813 fand die Völkerschlacht bei Leipzig statt. Am 18.06.1815 unterlag Napoleon in der Schlacht bei Waterloo. 1815 wurde der Wiener Kongress eingeleitet, bei dem die Neuordnung Europas geregelt wurde.

Literatur der Romantik

Die ersten romantischen Werke waren Wackenroders Herzensergießungen eines kunstliebenden Klosterbruders (1797) und Tiecks Franz Sternbalds Wanderungen (1798). Sie zeigten unterschiedliche Betrachtungsweisen vom Wesen der Kunst. Der eigentliche Beginn der Romantik wird allerdings mit der Vereinigung der Brüder Schlegel, Novalis, Humboldts und Schellings in Jena datiert.

     Epochen der Romantik

Anders als in anderen Epochen, wechselten in der Romantik die literarischen Zentren. Das erste wichtige Zentrum war Jena, zur Zeit der Frühromantik. Heidelberg war das Zentrum der Hochromantik, und Berlin wurde zum Zentrum der Spätromantik.

          Frühromantik / Jenaer Romantik (1798-1804)

Das Zentrum der Frühromantik war Jena mit dem Freundeskreis um die Brüder Schlegel, Novalis, Schelling, Humboldt, Veith und Böhmer. Es entstanden hier erste programmatische Dichtungen. Einen großen Einfluss auf die Verbreitung des romantischen Denkens übte August Wilhelm Schlegel mit seinen Vorlesungen aus.

Eine große Bedeutung kommt den Jenaern Romantikern zu Gute: Sie setzten sich für die Förderung der Weltliteratur ein, z. B. August Wilhelm Schlegel mit seinen Dramenübersetzungen von Shakespeare. Es entstanden auch Literaturzeitschriften (z. B. Athenäum, 1798-1800), in welchen sie ihre Schriften publizierten.

          Hochromantik / Heidelberger Romantik (1804-1818)

Das Zentrum der Hochromantik war Heidelberg mit dem Dichterkreis um Joseph von EichendorffArnimBrentano. Nebenzentren waren München und Berlin, wo Schelling und Schleiermacher tätig waren. Die besondere Leistung der Hochromantiker war die Förderung der Volkspoesie (Sagen, Märchen, u. a.), z. B. von Arnim und Brentano mit Des Knaben Wunderhorn oder Kinder- und Hausmärchen und Deutsche Sagen der Gebrüder Grimm.

          Spätromantik / Berliner Romantik (1816-1835)

Berlin, mit den Salon der Rahel Levin-Varnhagen, war das Zentrum der Spätromantik. Im Mittelpunkt dieses Dichterkreises standen Ludwig Tieck, Ernst Theodor Amadeus Hoffmann, Adam von Müller, Bettina von Arnim und Friedrich de la Motte Fouqué. Im Salon fanden zahlreiche Begegnungen, Diskussionen und Debatten unter den Spätromantikern statt. Nebenzentren waren Wien (Eichendorff, August Wilhelm Schlegel), Schwaben (Uhland, Mörike) und München (Schelling, Görres).

     Literaturtheorie der Romantik

Im Vordergrund romantischer Dichtungen standen Stimmungen, Gefühle und Erlebnisse. Mit fragmentarischen Ausdrucksformen drückten die Dichter das Unbewusste in ihrer Schaffensweise und Wirklichkeitssicht aus. Der Roman als Prosaform konnte dem Anspruch der Universalität zwar gerecht werden, doch wurde von ihm aber kaum Gebrauch gemacht. Die Dramatik blieb in der Epoche der Romantik nur gering ausgeprägt, da ihr die Vermischung von Epik, Drama und Lyrik nur schwer umzusetzen war. Die vorherrschende literarische Gattung war die Lyrik.

Im 116. Athenäums-Fragment, das 1798 mit anderen Fragmenten in der Zeitschrift Athenäum erschien, fasste Friedrich Schlegel die wichtigsten Merkmale romantischer Literatur zusammen: „Die romantische Poesie ist eine progressive Universalpoesie“. Progressivität bedeutet Fortschritt, niemals vollendet oder abgeschlossen zu sein und offen für neue Formen und Inhalte zu sein. Die Universalität der Form steht für die Aufhebung der Grenze zwischen den Gattungen und den Künsten.

Friedrich Schlegel forderte eine Vermischung von Poesie (an den Vers gebundene Sprache) und Prosa (Alltagssprache), von Genialität (Künstler) und Kritik (Publikum) und von Kunstpoesie und Naturpoesie (Volkspoesie). Freundschaft und Liebe sind das Ideal für die zwischenmenschlichen Beziehungen. Poetische Individuen sind harmonische Individuen, die auf Liebe und Freundschaft eingehen können. Die Funktion der Poesie ist die Poetisierung, d. h. die Harmonisierung, der Gesellschaft.

     Lyrik der Romantik

Romantik
Joseph v. Eichendorff (Wikimedia)

Die romantische Lyrik war geprägt von einer volksliedhaften Einfachheit und einem Höchstmaß an sprachlicher Kunst sowie der von Goethe eingeleiteten Natur- und Erlebnislyrik. Eine volkstümlich orientierte Lyrik ging von Eichendorff Uhland, Wilhelm Müller, Mörike und Chamisso hervor. Zu den bedeutendsten romantischen Lyrikern zählt Novalis mit seinen Geistlichen Liedern (1799) und die in rhythmisierter Prosa verfassten Hymnen an die Nacht (1800).

Mondnacht
Joseph Freiherr von Eichendorff

Es war, als hätt‘ der Himmel
die Erde still geküßt,
Daß sie im Blütenschimmer
Von ihm nun träumen müßt‘.

Die Luft ging durch die Felder,
Die Aehren wogten sacht,
Es rauschten leis die Wälder,
So sternklar war die Nacht.

Und meine Seele spannte
Weit ihre Flügel aus,
Flog durch die stillen Lande,
Als flöge sie nach Haus.

     Drama der Romantik

Das Drama war in der Romantik eine weniger bevorzugte Gattung, da die Vorstellungen von Progressivität und einer Vermischung der Gattungen mit den strengen Gesetzmäßigkeiten des Dramas nur schwer zu vereinbaren waren. Lyrische Elemente zeigten sich beispielsweise in Form von eingebundenen Gedichten oder Liedern, epische Elemente in Kommentierungen. Einige Autoren befassten sich dennoch intensiv mit dem Drama, darunter Ludwig Tieck, Clemens Brentano und Joseph Freiherr von Eichendorff. Die Dramen der Romantik waren jedoch vor allem als Lesedrama konzipiert. Sie eigneten sich weniger zur Aufführung, da sie zum Teil sehr komplex oder sehr umfangreich waren.

Ein großes Vorbild für die Romantiker war William Shakespeare. Die Komödie war eine beliebte dramatische Form in der Romantik, daneben genoss auch das Geschichtsdrama eine große Bedeutung, z. B. Kaiser Octavianus (1804, Tieck), Die Gründung Prags (1815, Brentano) und Der letzte Held von Marienburg (1830, Eichendorff). Das bekannteste Beispiel für eine romantische Komödie ist Ludwig Tiecks Der gestiefelte Kater. Ein Kindermärchen in drei Akten, mit Zwischenspielen, einem Prologe und Epiloge (1797).

          Der gestiefelte Kater (1797, Ludwig Tieck)

Der Stoff für Tiecks Gestiefelten Kater geht zurück auf das französische Märchen Le Maître Chat ou le Chat botté von Charles Perrault (1628-1703). Die Komödie Tiecks handelt von einem Stück im Stück und spielt daher auf mehreren Ebenen. Auf der Bühne wird eine weitere Theaterbühne dargestellt, die das Stück über einen gestiefelten Kater aufführt. Neben den fiktiven Figuren gibt es ein fiktives Publikum, einen fiktiven Dichter und fiktives Bühnenpersonal, das mit den Figuren untereinander agiert. Die fiktiven Zuschauer kommentieren dabei die eigentliche Handlung oder sprechen die Schauspieler direkt an. Doch auch die Schauspieler fallen gelegentlich aus ihrer Rolle. Der fiktive Dichter nimmt oft eine Vermittlerrolle zwischen diesen beiden Gruppen ein.

„Kot w butach“ (aus. Wikimedia)

Der Inhalt des dargestellten Stücks im Stück handelt vom Müllersohn Gottlieb, der nach dem Tod seines Vaters den sprechenden Kater Hinze erbt. Dieser verspricht Gottlieb, ihn zu Reichtum zu führen, wenn Gottlieb für Hinze ein Paar Stiefel anfertigen lässt. Durch eine Reihe zahlreicher Streiche erwirbt Hinze ein Königreich und eine Prinzessin für Gottlieb.

Das Märchen endet mit einem Happy End, das Stück jedoch in einem Chaos und Misserfolg. Die fiktiven Zuschauer sind mit der Handlung höchst unzufrieden, loben aber die schöne Dekoration. Der Dichter, der die Zuschauer auf sein Stück einstimmte, dass die Handlung nicht zu ernst zu nehmen sei, verlässt enttäuscht die Bühne.

Der gestiefelte Kater stellt ein Bruch mit dem Illusionstheater zeitgenössischer Dichtungen und Aufführungen dar, wie beispielsweise den Dramen der Aufklärung und der Klassik. Es gibt mehrere Ebenen der Darstellung, die miteinander vermischt werden und daher nicht nur den fiktiven sondern auch den realen Zuschauer verwirren sollen. Ludwig Tieck übte damit Kritik am Theaterverständnis und am Theaterpublikum seiner Zeit.

Die Komödie Tiecks hatte auf die spätere Literatur eine große Wirkung, z. B. auf E. T. A. Hoffmanns Lebensansichten des Katers Murr (1820/22). Der gestiefelte Kater gilt auch als ein Vorläufer des epischen Dramas Bertolt Brechts.

          Romantische Ironie

Die „romantische Ironie“ ist eine eigenständige literaturtheoretische Position der Ironie, die vor allem von Friedrich Schlegel geprägt wurde. Dabei sollte die Ironie nicht mehr nur ein einzelnes stilistisches Element im Kunstwerk sein, sondern das Kunstwerk insgesamt prägen.

Dies zeigt sich formal darin, dass es einen unendlichen Wechsel zwischen gegensätzlichen Elementen gibt, beispielsweise Illusionierung und Desillusionierung. Auch spielte die Selbstreflexion des Kunstwerks innerhalb des Kunstwerks eine wichtige Rolle. Als Beispiel für die praktische Umsetzung dieser theoretischen Vorstellungen gilt Der gestiefelte Kater Tiecks. Das ununterbrochene Wechselspiel zwischen gegensätzlichen Elementen zeigt sich in den ständigen Unterbrechungen der Bühnenhandlung durch Zuschauer, Schauspieler oder den Dichter. Selbstreflexive Momente werden von vielen Figuren artikuliert, am deutlichsten z. B. im Dritten Akt in der Szene „Saal im Palast“, in der zwei Figuren über die Qualität des Stückes Der gestiefelte Kater streiten.

     Prosa der Romantik

Als Vorbild der romantischen Erzählprosa betrachtete man Goethes Roman Wilhelm Meisters Lehrjahre. In der Frühromantik wurden meist Bildungs- und Entwicklungsromane geschrieben, z. B. Novalis‚ Heinrich von Ofterdingen. Doch auch der romantische Roman verlor, ähnlich dem romantischen Drama, an Bedeutung, da eine zunehmende Vermischung mit Gedichten, Liedern, etc. stattfand. Während die romantische Erzählprosa mehr und mehr an Bedeutung verlor, wuchs das Interesse am, meist in trivialer Form auftretenden, Schauerroman.

Epische Kurzformen, wie Erzählung, Novelle, Kunstmärchen und Märchen, waren sehr beliebt. Die Novelle eignete sich mit ihrem unmittelbaren Einsetzen der Handlung und ihrem offenen Ausgang besonders gut für die romantischen Dichter.

In der Romantik stieg das Interesse für Volksdichtungen (Volkslieder, Sagen, Märchen), das bereits am Ende des 18. Jahrhunderts durch Herder ausgelöst wurde. Die Rückbesinnung auf das Mittelalter spielte für die Romantiker dabei eine wichtige Rolle. Die Volksdichtungen wurden dabei teilweise umgedichtet und in Sammlungen veröffentlicht, z. B. die Liedersammlung Des Knaben Wunderhorn von Arnim und Brentano oder die Märchensammlung Kinder- und Hausmärchen der Gebrüder Grimm.

Literarische Formen in der Romantik

  • Bildungs- und Entwicklungsroman
  • Schauerroman
  • Volkslied
  • Sage
  • Märchen
  • Kunstmärchen

Vertreter der Romantik

Werke der Romantik

  • Herzensergießungen eines kunstliebenden Klosterbruders (1797) – Wackenroder
  • Der gestiefelte Kater (1797) – Tieck
  • Der blonde Eckbert (1797) – Tieck
  • Franz Sternbalds Wanderungen (1798) – Tieck
  • Athenäum-Fragmente (1798) – Friedrich Schlegel
  • 116. Athenäums-Fragment
  • Brief über den Roman (1798) – Friedrich Schlegel
  • Hymnen an die Nacht (1800) – Novalis
  • Godwi oder Das steinerne Bild der Mutter (1801) – Brentano
  • Geistliche Lieder (1802) – Novalis
  • Heinrich von Ofterdingen (1802) – Novalis
  • Kaiser Octavianus (1804) – Tieck
  • Des Knaben Wunderhorn (1806-1808) – Arnim, Brentano
  • Kinder- und Hausmärchen (1812) – Gebrüder Grimm
  • Fantasiestücke in Callots Manier (1813/15) – E. T. A. Hoffmann
  • Jaques Callot
  • Ritter Gluck
  • Kreisleriana
  • Don Juan
  • Nachricht von den neuesten Schicksalen des Hundes Berganza
  • Der Magnetiseur
  • Der goldene Topf
  • Peter Schlemihls wundersame Geschichte (1814) – Chamisso
  • Die Gründung Prags (1815) – Brentano
  • Die Elixiere des Teufels (1815/16) – E. T. A. Hoffmann
  • Deutsche Sagen (1816) – Gebrüder Grimm
  • Nachtstücke (1816) – E. T. A. Hoffmann
  • Der Sandmann
  • Ignaz Denner
  • Die Jesuitenkirche in G.
  • Das Sanctus
  • Das öde Haus
  • Das Majorat
  • Das Gelübde
  • Das steinerne Herz
  • Das Marmorbild (1819) – Eichendorff
  • Die Serapionsbrüder (1819/21) – E. T. A. Hoffmann
  • Die Bergwerke zu Falun
  • Nußknacker und Mausekönig
  • Doge und Dogaresse
  • Meister Martin der Küfner und seine Gesellen
  • Die Brautwahl
  • Der unheimliche Gast
  • Das Fräulein von Scuderi
  • Lebensansichten des Katers Murr nebst fragmentarischer Biographie des Kapellmeisters Johannes Kreisler in zufälligen Makulaturblättern (1820/22) – E. T. A. Hoffmann
  • Die schöne Müllerin (1821) – Wilhelm Müller
  • Lieder der Griechen (1821/24) – Wilhelm Müller
  • Meister Floh (1822) – E. T. A. Hoffmann
  • Die Winterreise (1824) – Wilhelm Müller
  • Aus dem Leben eines Taugenichts (1826) – Eichendorff
  • Der letzte Held von Marienburg (1830) – Eichendorff

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