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Epoche: Avantgarde / Dadaismus
Die Bezeichnung Avantgarde, ein ursprünglich militärischer Begriff, stammt aus dem Französischen und bedeutet ‚Vorhut‘. Avantgardistische Schriftsteller traten mit einem progressiven Programm und mit ihren Werken inhaltlich und formal in Opposition zu bestehenden literarischen Strömungen. Als avantgardistische Bewegungen verstanden sich der Futurismus, der Dadaismus und der Surrealismus.
Der Dadaismus entstand 1916 in Zürich als Synthese aus futuristischen und expressionistischen Elementen. Mit dem Begriff Dada, das einem kindlichen Ausdruck gleicht, wollte man sich gegen alles abgrenzen, wie z. B. geschlossene Werke, Bürgerlichkeit und klassische Weltbilder. Dada sollte Ausdruck einer Antikunst und Protesthaltung sein.
Historischer Hintergrund
Das wichtigste historische Ereignis während des Dadaismus war der Erste Weltkrieg. Die Novemberrevolution 1918 in Deutschland beseitigte die Monarchie und führte zur Errichtung einer parlamentarischen Republik. Bei den Wahlen zur Nationalversammlung am 19. Januar 1919 ging Friedrich Ebert als erster Präsident der Weimarer Republik hervor. Am 11. August 1919 wurde von der Mehrheit der Nationalversammlung die Weimarer Verfassung angenommen.
Dadaistische Literatur
Der Dadaismus verstand sich als neue Kunstrichtung, darüber hinaus jedoch auch als eine neue Geistesrichtung. Viele dadaistische Werken waren von allgemeinen Grundtendenzen, wie vor allem die ablehnende Haltung gegenüber Krieg, Bürgerlichkeit und traditioneller Kunstprogrammatiken, sowie die Zuwendung zu einer Radikalisierung und Destruktion bestimmt. Die abwertende Haltung wurde in der Literatur nicht durch einfache Negation erreicht, sondern durch Brüche in der Logik des Textes, indem vorher getroffene Aussagen später wieder aufgehoben wurden.
Formale Gemeinsamkeiten in dadaistischen Werken waren die Dekonstruktion von Sätzen und Wörtern, die Schaffung von Collagen und Montagen und das Prinzip der Simultaneität. Eine wichtige Neuerung, die bei der Literaturproduktion eingesetzt wurde, war das Zufallsprinzip. Zufällig gefundene Textelemente sind dadurch zu einem Teil der Kunst geworden.
Zentrum und Nebenzentren
Das Zentrum des Dadaismus war das Züricher ‚Cabaret Voltaire‘ mit seinen Vertretern, wie Hans Arp, Hugo Ball, Richard Huelsenbeck, Marcel Janco und Tristan Tzara. In Deutschland kam es bald zur Herausbildung einzelner dadaistischer Gruppierungen, wie dem Berliner Dadaismus, dem Kölner Dadaismus und dem Privat-Dadaismus Kurt Schwitters.
Programm
Im Dadaismus entstanden zahlreiche Programmatiken, die jedoch nicht auf eine einheitliche Richtung ausgerichtet waren. Oft widersprachen sie sich sogar. Eines der wichtigsten dadaistischen Programme ist das 1918 auf einem Flugblatt erschienene Dadaistische Manifest von Huelsenbeck unter anderem, indem eine Selbstbestimmung vorgenommen wurde.
Das Manifest wurde von den wichtigsten Vertretern des Züricher und Berliner Dadaismus unterschrieben. Das Prinzip der Aufhebung vorher getroffener Aussagen wurde im letzten Satz dieses Manifestes angewandt: „Gegen dies Manifest sein, heißt Dadaist sein!“
Lautgedichte und Buchstabengedichte
Zu den bekanntesten dadaistischen Werken zählen die Laut- und Buchstabengedichte. Das Ausgangsmaterial für Lautgedichte sind Wörter, die dekonstruiert und zerstört werden, bis nur noch einzelne Laute übrig bleiben. Der Schwerpunkt der Lautgedichte ist die Akustik. Die wichtigsten Lautgedichte stammen von Hugo Ball, wie z. B. Karawane.
Buchstabengedichte sind vor allem auf den optischen Ausdruck ausgerichtet. Das Ausgangsmaterial für Buchstabengedichte sind auch Wörter, die jedoch nicht zu Lauten, sondern zu graphischen Zeichen dekonstruiert werden. Zu den wichtigsten Verfassern von Buchstabengedichten gehört Raoul Hausmann.
Karawane – Hugo Ball
jolifanto bambla o falli bambla großiga m’pfa habla horem egiga goramen higo bloiko russula huju hollaka hollala anlogo bung blago bung blago bung bosso fataka ü üü ü schampa wulla wussa olobo hej tatta gorem eschige zunbada wulubu ssubudu uluw ssubudu tumba ba- umf kusagauma ba – umf |
Merzdichtung
Die Merzdichtung ist ein Teil der von Kurt Schwitters geschaffenen Merzkunst. Die Bezeichnung Merz entnahm er dem Wort Kommerz. Seine Werke veröffentlichte Schwitters in 24 Heften der zwischen 1923 bis 1932 erschienenen Zeitschrift Merz. Die Merzdichtungen sind abstrakte Dichtungen. Sie wurden aus Teilen fertiger Sätze aus Zeitschriften, Katalogen, Plakaten unter andrem gebildet. Schwitters berühmtestes Merzgedicht ist An Anna Blume (1919), dessen wichtigste Ordnungsprinzipien Körper, Farben, Sinne und Grammatik sind.
Literarische Formen
- Collage
- Lautgedicht
- Buchstabengedicht
- Zufallsgedicht
Vertreter
- Hans Arp (1886-1966)
- Hugo Ball (1886-1927)
- Max Ernst (1891-1976)
- Georg Grosz (1893-1959)
- Raoul Hausmann (1886-1971)
- Richard Huelsenbeck (1892-1974)
- Walter Mehring (1896-1981)
- Kurt Schwitters (1887-1948)
- Tristan Tzara (1896-1963)
Werke
- Cabaret Voltaire (1916) – Hugo Ball
- Dadaistisches Manifest (1918) – Huelsenbeck u.a.
- Die Karawane – Hugo Ball
- An Anna Blume (1919) – Kurt Schwitters
- Der Vogel selbdritt (1920) – Arp
- Kaspar ist tot (1920) – Arp
- Die Wolkenpumpe (1920) – Arp
- Dada-Almanach (1920) – Huelsenbeck
- En Avant Dada. Geschichte des Dadaismus (1920) – Huelsenbeck
- Um ein dadaistisches Gedicht zu machen (1920) – Tzara
- Das Ketzerbrevier. Ein Kabarettprogramm (1921) – Mehring
- Sept Manifestes Dada [übersetzt: Sieben dadaistische Manifeste] (1924) – Tzara
- Die Ursonate (1922/32) – Schwitters