Mittwoch, Juli 16, 2025
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Gesang der Geister über den Wassern – Johann Wolfgang von Goethe

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Autor: Johann Wolfgang von Goethe
Werk:
Gesang der Geister über den Wassern
Jahr: 1779

Des Menschen Seele
Gleicht dem Wasser:
Vom Himmel kommt es,
Zum Himmel steigt es,
Und wieder nieder
Zur Erde muß es,
Ewig wechselnd.

Strömt von der hohen,
Steilen Felswand
Der reine Strahl,
Dann stäubt er lieblich
In Wolkenwellen
Zum glatten Fels,
Und leicht empfangen
Wallt er verschleiernd,
Leisrauschend
Zur Tiefe nieder.

Ragen Klippen
Dem Sturz entgegen,
Schäumt er unmutig
Stufenweise
Zum Abgrund.

Im flachen Bette
Schleicht er das Wiesental hin,
Und in dem glatten See
Weiden ihr Antlitz
Alle Gestirne.

Wind ist der Welle
Lieblicher Buhler;
Wind mischt vom Grund aus
Schäumende Wogen.

Seele des Menschen,
Wie gleichst du dem Wasser!
Schicksal des Menschen,
Wie gleichst du dem Wind!

Mehr Infos zum Werk Gesang der Geister über den Wassern

https://de.wikipedia.org/wiki/Gesang_der_Geister_%C3%BCber_den_Wassern

Der Taucher – Friedrich von Schiller

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Autor: Friedrich von Schiller
Werk:
Der Taucher
Jahr: 1797
Gedichtform: Ballade

„Wer wagt es, Rittersmann oder Knapp,
Zu tauchen in diesen Schlund?
Einen goldnen Becher werf ich hinab,
Verschlungen schon hat ihn der schwarze Mund.
Wer mir den Becher kann wieder zeigen,
Er mag ihn behalten, er ist sein eigen.“

Der König spricht es und wirft von der Höh
Der Klippe, die schroff und steil
Hinaushängt in die unendliche See,
Den Becher in der Charybde Geheul.
„Wer ist der Beherzte, ich frage wieder,
Zu tauchen in diese Tiefe nieder?“

Und die Ritter, die Knappen um ihn her
Vernehmen’s und schweigen still,
Sehen hinab in das wilde Meer,
Und keiner den Becher gewinnen will.
Und der König zum drittenmal wieder fraget:
„Ist keiner, der sich hinunter waget?“

Doch alles noch stumm bleibt wie zuvor,
Und ein Edelknecht, sanft und keck,
Tritt aus der Knappen zagendem Chor,
Und den Gürtel wirft er, den Mantel weg,
Und alle die Männer umher und Frauen
Auf den herrlichen Jüngling verwundert schauen.

Und wie er tritt an des Felsen Hang
Und blickt in den Schlund hinab,
Die Wasser, die sie hinunterschlang,
Die Charybde jetzt brüllend wiedergab,
Und wie mit des fernen Donners Getose
Entstürzen sie schäumend dem finstern Schoße.

Und es wallet und siedet und brauset und zischt,
Wie wenn Wasser mit Feuer sich mengt,
Bis zum Himmel spritzet der dampfende Gischt,
Und Flut auf Flut sich ohn Ende drängt,
Und will sich nimmer erschöpfen und leeren,
Als wollte das Meer noch ein Meer gebären.

Doch endlich, da legt sich die wilde Gewalt,
Und schwarz aus dem weißen Schaum
Klafft hinunter ein gähnender Spalt,
Grundlos, als ging’s in den Höllenraum,
Und reißend sieht man die brandenden Wogen
Hinab in den strudelnden Trichter gezogen.

Jetzt schnell, eh die Brandung wiederkehrt,
Der Jüngling sich Gott befiehlt,
Und – ein Schrei des Entsetzens wird rings gehört,
Und schon hat ihn der Wirbel hinweggespült,
Und geheimnisvoll über dem kühnen Schwimmer
Schließt sich der Rachen, er zeigt sich nimmer.

Und stille wird’s über dem Wasserschlund,
In der Tiefe nur brauset es hohl,
Und bebend hört man von Mund zu Mund:
„Hochherziger Jüngling, fahre wohl!“
Und hohler und hohler hört man’s heulen,
Und es harrt noch mit bangem, mit schrecklichem Weilen.

Und wärfst du die Krone selber hinein
Uns sprächst: Wer mir bringet die Kron,
Er soll sie tragen und König sein –
Mich gelüstete nicht nach dem teuren Lohn.
Was die heulende Tiefe da unter verhehle,
Das erzählt keine lebende glückliche Seele.

Wohl manches Fahrzeug, vom Strudel gefaßt,
Schoß jäh in die Tiefe hinab,
Doch zerschmettert nur rangen sich Kiel und Mast,
Hervor aus dem alles verschlingenden Grab.-
Und heller und heller, wie Sturmes Sausen,
Hört man’s näher und immer näher brausen.

Und es wallet und siedet und brauset und zischt,
Wie wenn Wasser mit Feuer sich mengt,
Bis zum Himmel spritzet der dampfende Gischt,
Und Well auf Well sich ohn Ende drängt,
Und wie mit des fernen Donners Getose
Entstürzt es brüllend dem finstern Schoße.

Und sieh! aus dem finster flutenden Schoß,
Da hebet sich’s schwanenweiß,
Und ein Arm und ein glänzender Nacken wird bloß,
Und es rudert mit Kraft und mit emsigem Fleiß,
Und er ist’s, und hoch in seiner Linken
Schwingt er den Becher mit freudigem Winken.

Und atmete lang und atmete tief
Und begrüßte das himmlische Licht.
Mit Frohlocken es einer dem andern rief:
„Er lebt! Er ist da! Es behielt ihn nicht!
Aus dem Grab, aus der strudelnden Wasserhöhle
Hat der Brave gerettet die lebende Seele.“

Und er kommt, es umringt ihn die jubelnde Schar,
Zu des Königs Füßen er sinkt,
Den Becher reicht er ihm kniend dar,
Und der König der lieblichen Tochter winkt,
Die füllt ihn mit funkelndem Wein bis zum Rande,
Und der Jüngling sich also zum König wandte:

„Lange lebe der König! Es freue sich,
Wer da atmet im rosigten Licht!
Da unten aber ist’s fürchterlich,
Und der Mensch versuche die Götter nicht
Und begehre nimmer und nimmer zu schauen,
Was sie gnädig bedeckten mit Nacht und Grauen.

Es riß mich hinunter blitzesschnell –
Da stürzt mir aus felsigtem Schacht
Wildflutend entgegen ein reißender Quell:
Mich packte des Doppelstroms wütende macht,
Und wie einen Kreisel mit schwindendelm Drehen
Trieb mich’s um, ich konnte nicht widerstehen.

Da zeigte mir Gott, zu dem ich rief
In der höchsten schrecklichen Not,
Aus der Tiefe ragend ein Felsenriff,
Das erfaßt ich behend und entrann dem Tod –
Und da hing auch der Becher an spitzen Korallen,
Sonst wär er ins Bodenlose gefallen.

Denn unter mir lag’s noch, bergetief,
In purpurner Finsternis da,
Und ob’s hier dem Ohre gleich ewig schlief,
Das Auge mit Schaudern hinuntersah,
Wie’s von Salamandern und Molchen und Drachen
Sich regt‘ in dem furchtbaren Höllenrachen.

Schwarz wimmelten da, in grausem Gemisch,
Zu scheußlichen Klumpen geballt,
Der stachligte Roche, der Klippenfisch,
Des Hammers greuliche Ungestalt,
Und dräuend wies mir die grimmigen Zähne
Der entsetzliche Hai, des Meeres Hyäne.

Und da hing ich und war’s mit Grausen bewußt
Von der menschlichen Hilfe so weit,
Unter Larven die einzige fühlende Brust,
Allein in der gräßlichen Einsamkeit,
Tief unter dem Schall der menschlichen Rede
Bei den Ungeheuern der traurigen Öde.

Und schaudernd dacht ich’s, da kroch’s heran,
Regte hundert Gelenke zugleich,
Will schnappen nach mir – in des Schreckens Wahn
Laß ich los der Koralle umklammerten Zweig;
Gleich faßt mich der Strudel mit rasendem Toben,
Doch es war mir zum Heil, er riß mich nach oben.“

Der König darob sich verwundert schier
Und spricht: „Der Becher ist dein,
Und diesen Ring noch bestimm ich dir,
Geschmückt mit dem köstlichsten Edelgestein,
Versucht du’s noch einmal und bringt mir Kunde,
Was du sahst auf des Meeres tiefunterstem Grunde.“

Das hörte die Tochter mit weichem Gefühl,
Und mit schmeichelndem Munde sie fleht:
„Laßt, Vater, genug sein das grausame Spiel!
Er hat Euch bestanden, was keiner besteht,
Und könnt Ihr des Herzens Gelüsten nicht zähmen,
So mögen die Ritter den Knappen beschämen.“

Drauf der König greift nach dem Becher schnell,
In den Strudel ihn schleudert hinein:
„Und schaffst du den Becher mir wieder zur Stell,
So sollst du der trefflichste Ritter mir sein
Und sollst sie als Ehegemahl heut noch umarmen,
Die jetzt für dich bittet mit zartem Erbarmen.“

Da ergreift’s ihm die Seele mit Himmelsgewalt,
Und es blitzt aus den Augen ihm kühn,
Und er siehet erröten die schöne Gestalt
Und sieht sie erbleichen und sinken hin –
Da treibt’s ihn, den köstlichen Preis zu erwerben,
Und stürzt hinunter auf Leben und Sterben.

Wohl hört man die Brandung, wohl kehrt sie zurück,
Sie verkündigt der donnernde Schall –
Da bückt sich’s hinunter mit liebendem Blick:
Es kommen, es kommen die Wasser all,
Sie rauschen herauf, sie rauschen nieder,
Den Jüngling bringt keines wieder.

Mehr Infos zum Werk Der Taucher

https://de.wikipedia.org/wiki/Der_Taucher

Bundeslied für den Allgemeinen Deutschen Arbeiterverein – Georg Herwegh

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Autor: Georg Herwegh
Werk:
Bundeslied für den Allgemeinen Deutschen Arbeiterverein
Jahr: 1863
Gedichtform: Hymne

Bet und arbeit! ruft die Welt,
Bete kurz! denn Zeit ist Geld.
An die Türe pocht die Not –
Bete kurz! denn Zeit ist Brot.

Und du ackerst, und du säst,
Und du nietest, und du nähst,
Und du, hämmerst, und du spinnst –
Sag, o Volk, was du gewinnst!

Wirkst am Webstuhl Tag und Nacht,
Schürfst im Erz- und Kohlenschacht,
Füllst des Überflusses Horn,
Füllst es hoch mit Wein und Korn –

Doch wo ist dein Mahl bereit?
Doch wo ist dein Feierkleid?
Doch wo ist dein warmer Herd?
Doch wo ist dein scharfes Schwert?

Alles ist dein Werk! o sprich,
Alles, aber nichts für dich!
Und von allem nur allein,
Die du schmiedst, die Kette, dein?

Kette, die den Leib umstrickt,
Die dem Geist die Flügel knickt,
Die am Fuß des Kindes schon
Klirrt – o Volk. das ist dein Lohn.

Was ihr hebt ans Sonnenlicht,
Schätze sind es für den Wicht,
Was ihr webt, es ist der Fluch
Für euch selbst – ins bunte Tuch.

Was ihr baut, kein schützend Dach
Hat’s für euch und kein Gemach;
Was ihr kleidet und beschuht,
Tritt auf euch voll Übermut.

Menschenbienen, die Natur,
Gab sie euch den Honig nur?
Seht die Drohnen um euch her!
Habt ihr keinen Stachel mehr?

Mann der Arbeit, aufgewacht!
Und erkenne deine Macht!
Alle Räder stehen still,
Wenn dein starker Arm es will.

Deiner Dränger Schar erblaßt,
Wenn du, müde deiner Last,
In die Ecke lehnst den Pflug,
Wenn du rufst: Es ist genug!

Brecht das Doppeljoch entzwei!
Brecht die Not der Sklaverei!
Brecht die Sklaverei der Not!
Brot ist Freiheit, Freiheit Brot!

Mehr Infos zum Werk Bundeslied für den Allgemeinen Deutschen Arbeiterverein

https://de.wikipedia.org/wiki/Bundeslied_f%C3%BCr_den_Allgemeinen_Deutschen_Arbeiterverein

John Maynard – Theodor Fontane

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Autor: Theodor Fontane
Werk:
John Maynard
Jahr: 1886
Gedichtform: Ballade

John Maynard!
„Wer ist John Maynard?“
„John Maynard war unser Steuermann,
Aus hielt er, bis er das Ufer gewann,
Er hat uns gerettet, er trägt die Kron‘,
Er starb für uns, unsre Liebe sein Lohn.
John Maynard!“

Die „Schwalbe“ fliegt über den Eriesee,
Gischt schäumt um den Bug wie Flocken von Schnee,
Von Detroit fliegt sie nach Buffalo –
Die Herzen aber sind frei und froh,
Und die Passagiere mit Kindern und Fraun
Im Dämmerlicht schon das Ufer schaun,
Und plaudernd an John Maynard heran
Tritt alles: „Wie weit noch, Steuermann?“
Der schaut nach vorn und schaut in die Rund‘:
„Noch dreißig Minuten … Halbe Stund‘.“

Alle Herzen sind froh, alle Herzen sind frei –
Da klingt’s aus dem Schiffsraum her wie Schrei,
„Feuer!“ war es, was da klang,
Ein Qualm aus Kajüt‘ und Luke drang,
Ein Qualm, dann Flammen lichterloh,
Und noch zwanzig Minuten bis Buffalo.

Und die Passagiere, buntgemengt,
Am Bugspriet stehn sie zusammengedrängt,
Am Bugspriet vorn ist noch Luft und Licht,
Am Steuer aber lagert sich’s dicht,
Und ein Jammern wird laut: „Wo sind wir, wo?“
Und noch fünfzehn Minuten bis Buffalo.

Der Zugwind wächst, doch die Qualmwolke steht,
Der Kapitän nach dem Steuer späht,
Er sieht nicht mehr seinen Steuermann,
Aber durchs Sprachrohr fragt er an:
„Noch da, John Maynard?“ – „Ja, Herr. Ich bin.“ –
„Auf den Strand. In die Brandung.“ – „Ich halte drauf hin.“
Und das Schiffsvolk jubelt: „Halt aus! Hallo!“
Und noch zehn Minuten bis Buffalo.

„Noch da, John Maynard?“ Und Antwort schallt’s
Mit ersterbender Stimme: „Ja, Herr, ich halt’s!“
Und in die Brandung, was Klippe, was Stein,
Jagt er die „Schwalbe“ mitten hinein;
Soll Rettung kommen, so kommt sie nur so.
Rettung: der Strand von Buffalo.

*

Das Schiff geborsten. Das Feuer verschwelt.
Gerettet alle. Nur einer fehlt!

*

Alle Glocken gehn; ihre Töne schwelln
Himmelan aus Kirchen und Kapelln,
Ein Klingen und Läuten, sonst schweigt die Stadt,
Ein Dienst nur, den sie heute hat:
Zehntausend folgen oder mehr,
Und kein Aug‘ im Zuge, das tränenleer.

Sie lassen den Sarg in Blumen hinab,
Mit Blumen schließen sie das Grab,
Und mit goldner Schrift in den Marmorstein
Schreibt die Stadt ihren Dankspruch ein:
„Hier ruht John Maynard. In Qualm und Brand
Hielt er das Steuer fest in der Hand,
Er hat uns gerettet, er trägt die Kron‘,
Er starb für uns, unsre Liebe sein Lohn.
John Maynard.“

Mehr Infos zum Werk John Maynard

https://de.wikipedia.org/wiki/John_Maynard

Das Göttliche – Johann Wolfgang von Goethe

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Autor: Johann Wolfgang von Goethe
Werk:
Das Göttliche
Jahr: 1785
Gedichtform: Hymne

Edel sei der Mensch,
Hilfreich und gut!
Denn das allein
Unterscheidet ihn
Von allen Wesen,
Die wir kennen.

Heil den unbekannten
Höhern Wesen,
Die wir ahnen!
Ihnen gleiche der Mensch!
Sein Beispiel lehr uns
Jene glauben.

Denn unfühlend
Ist die Natur:
Es leuchtet die Sonne
Über Bös und Gute,
Und dem Verbrecher
Glänzen wie dem Besten
Der Mond und die Sterne.

Wind und Ströme,
Donner und Hagel
Rauschen ihren Weg
Und ergreifen
Vorüber eilend
Einen um den andern.

Auch so das Glück
Tappt unter die Menge,
Faßt bald des Knaben
Lockige Unschuld,
Bald auch den kahlen
Schuldigen Scheitel.

Nach ewigen, ehrnen,
Großen Gesetzen
Müssen wir alle
Unsreres Daseins
Kreise vollenden.

Nur allein der Mensch
Vermag das Unmögliche:
Er unterscheidet,
Wählet und richtet;
Er kann dem Augenblick
Dauer verleihen.

Er allein darf
Den Guten lohnen,
Den Bösen strafen,
Heilen und retten,
Alles Irrende, Schweifende
Nützlich verbinden.

Und wir verehren
Die Unsterblichen,
Als wären sie Menschen,
Täten im großen,
Was der Beste im kleinen
Tut oder möchte.

Der edle Mensch
Sei hilfreich und gut!
Unermüdet schaff er
Das Nützliche, Rechte,
Sei uns ein Vorbild
Jener geahneten Wesen!

Mehr Infos zum Werk Das Göttliche

https://de.wikipedia.org/wiki/Das_G%C3%B6ttliche

Urworte. orphisch – Johann Wolfgang von Goethe

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Autor: Johann Wolfgang von Goethe
Werk:
Urworte. orphisch
Jahr der Veröffentlichung: 1820

ΔΑΙΜΩΝ, Dämon

Wie an dem Tag, der dich der Welt verliehen,
Die Sonne stand zum Gruße der Planeten,
Bist alsobald und fort und fort gediehen
Nach dem Gesetz, wonach du angetreten.
So mußt du sein, dir kannst du nicht entfliehen,
So sagten schon Sibyllen, so Propheten;
Und keine Zeit und keine Macht zerstückelt
Geprägte Form, die lebend sich entwickelt.

ΤΥΧΗ, das Zufällige

Die strenge Grenze doch umgeht gefällig
Ein Wandelndes, das mit und um uns wandelt;
Nicht einsam bleibst du, bildest dich gesellig,
Und handelst wohl so, wie ein andrer handelt:
Im Leben ists bald hin-, bald widerfällig,
Es ist ein Tand und wird so durchgetandelt.
Schon hat sich still der Jahre Kreis geründet,
Die Lampe harrt der Flamme, die entzündet.

ΕΡΩΣ, Liebe

Die bleibt nicht aus! – Er stürzt vom Himmel nieder,
Wohin er sich aus alter Öde schwang,
Er schwebt heran auf luftigem Gefieder
Um Stirn und Brust den Frühlingstag entlang,
Scheint jetzt zu fliehn, vom Fliehen kehrt er wieder:
Da wird ein Wohl im Weh, so süß und bang.
Gar manches Herz verschwebt im Allgemeinen,
Doch widmet sich das edelste dem Einen.

ΑΝΑΓΚΗ, Nötigung

Da ists denn wieder, wie die Sterne wollten:
Bedingung und Gesetz; und aller Wille
Ist nur ein Wollen, weil wir eben sollten,
Und vor dem Willen schweigt die Willkür stille;
Das Liebste wird vom Herzen weggescholten,
Dem harten Muß bequemt sich Will und Grille.
So sind wir scheinfrei denn, nach manchen Jahren
Nur enger dran, als wir am Anfang waren.

ΕΛΠΙΣ, Hoffnung

Doch solcher Grenze, solcher ehrnen Mauer
Höchst widerwärtge Pforte wird entriegelt,
Sie stehe nur mit alter Felsendauer!
Ein Wesen regt sich leicht und ungezügelt:
Aus Wolkendecke, Nebel, Regenschauer
Erhebt sie uns, mit ihr, durch sie beflügelt,
Ihr kennt sie wohl, sie schwärmt durch alle Zonen –
Ein Flügelschlag – und hinter uns Äonen!

Mehr Infos zum Werk Urworte. orphisch

https://de.wikipedia.org/wiki/Urworte._Orphisch

Die Ballade – Gedichtform

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Das Wort Ballade ist vom provenzalischen balada aus Frankreich entlehnt, das wiederum dem ital. ballata entstammt und vom lat. Verb ballare ‚tanzen‘ abgeleitet ist. Ursprünglich entsprach die Bezeichnung einem Tanzlied. Die Schwierigkeiten des Begriffs erhöhte sich mit der Aufnahme des Wortes Romanze gegen Ende des 18. Jahrhunderts, das in dieser Zeit von Bürger bis Schiller synonym gebraucht wurde.

Merkmale der Ballade

  • episch-fiktionaler Charakter
  • immer in Versen verfasst
  • meist gereimt und strophisch
  • z. T. refrainartige Bestandteile
  • teleologische Vorgangsstrukturierung
  • Mensch steht im Mittelpunkt
  • auch wo sich wesentlichen Ereignisse sich in der Natur oder des Natur-Dämonischen begeben, sind sie auf den Menschen bezogen
  • Auseinandersetzung des Menschen mit Welt
  • Zusammenwirken lyrischer, epischer und dramatischer Bestandteile, wobei meist ein Element überwiegt
  • lyrische Element durch Verfasstheit in Versen gegeben, hinzu kommt meist noch Strophengliederung und Gereimtheit, sowie klangliche und rhythmische Wirkungsmittel, lyrische Ausrufe, Wiederholungen, Refrains, Naturstimmungen, Verwendung von stimmungstragenden Symbolen, welche die Stimmung der Ballade hervorrufen und unterstreichen
  • muss keine feste strophische oder metrische Form haben, alle metrischen und strophischen Möglichkeiten stehen ihr offen
  • Chevy-Chase-Strophe („Jagd auf den Cheviotbergen“) als eine typische Balladenstrophe, vielfach von Balladendichtern vom 18. bis 20. Jh. verwendet
  • epische Element zeigt sich Anwesenheit des Erzählers
  • Handlung meist um wenige Situationen herumgruppieren
  • spannungshafte, finalistische Struktur eigen
  • Erzählung wird in Ballade oft durch Dialog vergegenwärtigt

Die Anfänge der Balladendichtung – Sturm und Drang

Vorraussetzung für die Herausbildung der deutschen Kunstballade war eine europäische geistige Neuorientierung: der Irrationalismus. Wichtige Einflüsse bekam sie durch die Rezeption der spanischen Kunstromanze vor allem durch Gleim, durch die Bekanntheit mit englisch-schottischen Balladen z. B. in Übersetzungen Herders und durch den Bänkelsang.

Gleim ist der erste gewesen, der durch Rückgriff auf vergangene, volkstümliche oder „niedere“ Literaturmuster die hohe Literatur befruchten wollte. Gleim versuchte die Romanze dem heimischen Bänkelsang anzugleichen. Das häufigste Motiv in Gleims Romanzen ist das Wiedergängermotiv. Die ersten Kunstballaden sollten daher Geisterballaden werden.

Anstöße für Entwicklung der Kunstballade sind aus England gekommen: 1760 Macphersons „Ossian“ und 1765 Percys „Reliquies of Ancient Poetry“ (Sammlung von engl. Volksballaden, Verserzählungen, Liedern und Gedichten ab 15. Jh.). Percys Sammlung löste in Deutschland eine Sammlertätigkeit nach einheimischen Volksliedern aus (Herder, Goethe).

Die ersten Balladen stammen von Hölty: 1771 Adelstan und Röschen und 1773 Die Nonne. Im selben Jahr wie Höltys Nonne entstand darauf Bürgers Lenore. Bürger versucht mit seiner volksmäßigen Literatur alle Volksschichten gleichmäßig anzusprechen. Er gebraucht dabei eine nicht rationale und nicht logische Darstellung, sowie rein rhapsodischen Stil (Lebendigkeit, Unmittelbarkeit, Leidenschaftlichkeit, Volksmäßigkeit).

Bürgers Pfarrers Tochter von Taubenhain ist eine Mischung von Gespenstermotiv und Motiv der Kindsmörderin.
Im Jahr 1771 beschäftigte sich auch Goethe mit dem Sammeln von Volksballaden im Elsass. Mit Goethes Fischer 1778 und Erlkönig 1782 begründete er die naturmagische Ballade.

Die klassische Ballade

Um den Abstand zwischen Bildungselite und Volksmassen zu verringern, benötigt es nach Schiller nach einer „Idealisierkunst“, die richtige Stoffwahl und höchste Simplizität der Darstellung vereint. Schillers Balladen sind der Versuch, den Abstand zwischen Bildungs- und Massenpublikum durch Rückgang aufs allgemein-menschliche, Klarheit und Einfachheit zu überbrücken.

Die Balladenproduktionen der Klassiker im Jahr 1797 waren Werkstatterfindungen. Die klassische Ballade beschränkt sich auf die Arbeiten Schillers und Goethe in den Jahren 1797 und 1798, die in den „Musenalmanach für das Jahr 1798“ und „Musenalmanach für das Jahr 1799“ veröffentlicht wurden.

Im sog. „Balladenjahr“ 1797 machten Schiller und Goethe die Ballade zum Gegenstand eines „bewussten Kunstwillens und ästhetischen Experiments“. Im „Musenalmanach für das Jahr 1798“ erschienen Goethes

Im „Musenalmanach für das Jahr 1799“ erschienen Schillers Der Kampf mit dem Drachen und Die Bürgschaft.

Schillers Balladenproduktion fällt ganz in die klassische Phase, während sich Goethes Balladenproduktion über seine gesamte Schaffensperiode erstreckt. Die klassische Ballade hält Distanz zur volkstümlichen-germanischen, antik-klassischen, christlich-mittelalterlichen und orientalischen Welt.

Goethes Balladen

J.W. von Goethe (Bild aus: Wikipedia)

Goethes Balladen lassen sich nicht unter einen einheitlichen Gesichtspunkt bringen, da sich seine Balladenproduktion über sein gesamtes Leben erstreckt und thematisch wie formal breit gestreut ist. Das Merkmal seiner klassische Balladen ist eine humanistisch-ideelle Thematik. Seine Balladen tragen magische, mythische und religiöse Momente (z. B. Anrufung von Dämonen, Erlösungsgedanke).

Die Ballade bei Schiller

Schillers Balladen zielen auf eine „Veredlung“ der Gattung ab. Anstelle des Allegorischen tritt das Parabolische, die Versinnlichung des Ideals in dargestellter Handlung. Schillers Balladen sind der Versuch das Ideal zu versinnlichen und das Allgemeine zu einem besonderen Fall zu verdichten. Dabei stellt er das Humanitätsideal dar. Der Stoff ist für Schiller sekundär, dieser hat sich der Idee zu unterwerfen.

Schiller (Bild aus: Wikimedia Com.)


Merkmale der Balladen Schillers:

  • sittliche Dialektik
  • Menschlichkeitspathos, in Konfrontationen der Balladenhelden mit Untermenschlichem, Trieben, Meeresungeheuern oder z. B. Naturgewalten in der Bürgschaft
  • Schillers Balladen keine Schicksalsballaden: Schillers Intension ist es nicht zu zeigen, dass der Mensch das Schicksal, dem er physisch unterliegt, geistig, sinnlich überwinden kann
  • Verknüpfung verschiedener Handlungsebenen
  • spannungserzeugende Parallelführung von erzählter und verschwiegener Handlung in der Bürgschaft => raffender Lakonismus
  • Einlegung von ausgedehnten Berichten der handelnden Figuren (im Taucher und im Kampf mit dem Drachen)
  • Prinzip der Dreizahl: Verdreifachung von Motiven (in Bürgschaft und Ring des Polykrates)
  • Dramaturgie der Grenzsituationen gesteuert, Helden werden mit extremen Aufgaben und Entscheidungen konfrontiert und müssen ihre Freiheit bewähren
  • idealistisches Aktionsethos: aus der Idee kann ohne Tat nichts werden, aber menschliches Handeln zur reinen Tat ihrer selbst willen droht zu entleeren

Die Ballade der Romantik

Die Balladen der Frühromantik waren meist allegorisch-mystische Naturballaden, so Schlegels Romanze vom Licht oder Tiecks Das Wasser. Wichtig für die Frühromantiker war die Betonung des Volkstümlichen. Stärkere Impulse zu volkstümlichen Dichtung erhielt die Ballade durch die Heidelberger Romantiker. Hier wirkten vor allem Arnim und Brentano mit ihrer Sammlung Des Knaben Wunderhorn. Diese hatte auch den Zweck, den Abstand zwischen Bildungsbürgertum und Ungebildeten zu verringern, hinzu kam jetzt jedoch das nationale Element. Die wichtigsten Balladendichter der Romantik waren Brentano, Eichendorff, Uhland, Mörike (Die Geister am MummelseeDer Feuerreiter) und Kerner.

Die Balladen der Romantiker unterscheiden sich von denen der Klassiker in der Form deutlich: während Schillers Balladen in ihrem Aufbau verschieden zueinander waren, glichen die Balladen der Romantiker den Volksballaden, durch scheinbar kunstlose Reihung von Strophen, zum Teil mit refrainartigen Bestandteilen und einer schlichten Sprache. Die Handlung ist jetzt ganz in Stimmung aufgelöst. Die Helden der Ballade sind nicht mehr aktiv-handelnd, wie noch bei Schiller, sondern den Kräften der Umwelt, besonders den Naturkräften willenlos hingegeben, z. B. Brentanos Loreley.

Wichtige Balladenarten der Romantik sind: naturmagische Ballade, Legendenballade und historische Ballade.

Die Ballade des Biedermeier

Anstelle des Irrealismus des Sturm und Drangs oder des ideellen Gehaltes der Klassik, tritt im Biedermeier eine abgemilderte Rationalität der Aufklärung hervor. Rational sind die Balladen des Biedermeier dadurch, da sie keine Sprünge darstellen, keine volkstümliche Sprache verwenden oder durch Rhetorik und Pathos wirken wollen. Deshalb kommt im Biedermeier auch eine Tendenz zur Episierung anstelle von Dramatik in den Balladen zum Ausdruck.

Die Balladen des Biedermeier unterteilt man allgemein in zwei Gruppen: die eine, die zur Rührung anregen soll, und die andere, die einen Schauer auslösen soll. Auffallend ist auch, dass Naturgeister und Dämonen vermenschlicht werden, das dabei am häufigsten verwendete Mittel ist der Humor.
Die wichtigsten Balladendichter des Biedermeier waren Chamisso, Hebbel und Schwab.

Balladendichtung im „Tunnel über der Spree“

Wichtig für die Balladenproduktion um die Mitte des 19. Jahrhunderts ist der Berliner literarische Verein „Tunnel über der Spree“, der 1827 gegründet wurde. Ihre bekanntesten Mitglieder waren Strachwitz, Fontane und Scherenberg.

Zum Vorbild wurden Uhlands Geschichtsballaden. Die Literatur des bürgerlichen Biedermeiers wurde abgelehnt. Daher bemühte man sich auch wieder, die Dramatik in den Balladen zu erhalten, und nicht mehr der Erzählung Vorrang zu geben. Hinsichtlich der Form verwendeten sie häufig die Chevy-Chase-Strophe. Scherenbergs Stoffe entnahm er nicht aus der Vergangenheit, sondern aus der Gegenwart. Fontane wendet sich den Stoffen der englischen Geschichte zu, so z. B. im Archibald Douglas (1854).

Heine, Droste, C. F. Meyer, Liliencron, der späte Fontane

Während sich der größte Teil der Balladendichter zu größeren Gruppen zuordnen lässt, muss man Heine, Droste, Meyer, Liliencron und den späten Fontane für sich betrachten. Hier versagt jede literaturgeschichtliche Zuordnung, denn diese Dichter legten sich auf keine bestimmte Balladentradition fest.

Das Balladenwerk der Droste bildet mit ihrem anderen lyrischen Werk eine Einheit. In ihrer Lyrik und ihren Balladen drückt sich die Unverwechselbarkeit ihres persönlichen Stils aus: Einheitlichkeit der Balladen, dramatischer Stil, Verlebendigung der Naturbeschreibungen und Genauigkeit ihrer Naturbeobachtung. Bekannte Balladen der Droste sind z. B. Der Knabe im MoorFundatorDer GraueDer Schloßelf und Der Tod des Erzbischofs Engelbert von Köln.

Heines Balladen sind in ihren Stoffen und Formen sehr verschieden. Seine Stoffe nahm er dabei meist aus der Gegenwart. Zu Heines bekanntesten Balladen gehören: Die GrenadiereBelsazar und Die schlesischen Weber. Mit dem letztgenannten wendete sich Heine einem sozialen Thema zu.

Conrad Ferdinand Meyer legte besonderen Wert auf ein hohes künstlerisches Bewusstsein. Er gehört zur klassizistischen Richtung des 19. Jahrhunderts. Geschlossenheit der Form, hoher sprachlicher Ausdruck und metrische Form standen im Mittelpunkt. Bekannte Balladen Meyers sind: Die Füße im FeuerNapoleon im KremlDer Pilger und die Sarazenin und die Bettlerballade.

Die Ballade im 20. Jahrhundert

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts fand ein Rückgriff auf die Anfänge der Kunstballade und auf den Göttinger Hainbund, von einem Kreis von Studenten der sich in Göttingen um Börries von Münchhausen bildete, statt. Es entstanden mehrere Musenalmanache.

Sozialkritische Elemente in Balladen des 20. Jahrhunderts findet man z. B. bei Wedekind, Tucholsky, Kästner und Brecht.
Brecht wird zum Schöpfer der politischen Ballade durch Sozialkritik (Ballade von der Kindsmörderin Marie FarrarLegende vom toten Soldaten) und die Auseinandersetzung mit der aktuellen politischen Entwicklung (Legende von der Entstehung des Buches Taoteking auf dem Weg des Laotse in die Emigration).

Der Höhepunkt der Kabarettballade wurde schon vor dem Ersten Weltkrieg mit Wedekind und Mehring erreicht.
Vertreter moderner Balladen sind beispielsweise Biermann, Hacks und Grass.

Weitere Infos zur Ballade

Die Ode – Gedichtform

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1.1 Zum Begriff der Ode

  • griechisch = Gesang, Lied
  • in der Antike Sammelbezeichnung für alle sangbaren strophischen Dichtungen
  • die meisten Oden deutscher Odendichter waren jedoch nicht als singbar gedacht und empfunden

1.2 Merkmale der Ode

  • feierliches Gedicht, ähnlich der Hymne aber gedämpfter
  • meist reimlos, mit festgelegter Strophenform
  • antike Odenmaße: alkäische, sapphische, asklepiadeische und archilochische Ode
  • geprägt von Erhabenheit/ Würde
  • bedeutende dt. Odendichter: Klopstock, Hölderlin

1.3 Odenstrophen

  • reimlos
  • Verse nicht alternierend, sondern setzen Hebungen und Senkungen nach strikten Regeln ein
  • in Deutschland Nachbildung antiker Odenstrophen: alkäische, sapphische, asklepiadeische und archilochische Odenstrophe
  • die antiken Odenstrophen wurden von den deutschen Odendichtern nicht immer streng eingehalten, oft wurden Variationen eingebaut
Alkäische
Odenstrophe
besteht aus:zwei alkäischen Elfsilbern, die metrisch übereinstimmen, und bei denen vor der 3. Hebung eine Zäsur stehteinem Neunsilbereinem Zehnsilber Schema: x x´ x x´ x | x´ x x x´ x x´ x x´ x x´ x | x´ x x x´ x x´ x x´ x x´ x x´ x x´ x x´ x x x´ x x x´ x x´ x
Beispiel: Klopstock: An Fanny
Wenn einst ich todt bin, wenn mein Gebein zu Staub‘
Ist eingesunken, wenn du, mein Auge, nun
Lang‘ über meines Lebens Schicksal,
Brechend im Tode, nun ausgewint hast,
Sapphische
Odenstrophe
besteht aus:drei sapphischen Elfsilbern (Hendekasyllabi), die metrisch übereinstimmen, und bei denen nach der 3. Hebung eine Doppelsenkung folgteinem Adoneus (Fünfsilber, bestehend aus Daktylus und Trochäus) Schema: x´ x x´ x x´ x x x´ x x´ x x´ x x´ x x´ x x x´ x x´ x x´ x x´ x x´ x x x´ x x´ x x´ x x x´ x
Beispiel: August von Platen: Los des Lyrikers
Stets am Stoff klebt unsere Seele, Handlung
Ist der Welt allmächtiger Puls, und deshalb
Flötet oftmals tauberem Ohr der hohe
Lyrische Dichter.
Asklepiadeische
Odenstrophe
häufigste Form der asklepiadeischen Odenstrophe besteht aus:zwei kleinen Asklepiadeen (Zwölfsilber), die metrisch übereinstimmen, und in der Mitte einen Hebungsprall habeneinem Pherekrateus (Siebensilber, bestehend aus Trochäus, Daktylus und Trochäus)einem Glykoneus (Achtsilber, der gebaut ist wie der Pherekrateus, aber am Ende eine zusätzliche Hebung besitzt) Schema: x´ x x´ x x x´ x´ x x x´ x x´ x´ x x´ x x x´ x´ x x x´ x x´ x´ x x´ x x x´ x x´ x x´ x x x´ x x´
Beispiel: Klopstock: Der Zürchersee
Schön ist, Mutter Natur, deiner Erfindung Pracht
Auf die Fluren verstreut, schöner ein froh Gesicht,
Das den großen Gedanken
Deiner Schöpfung noch einmal denkt.
Archilochische
Odenstrophe
besteht aus: 2xeinem Archilochius (Siebzehnsilber, bestehend aus fünf Daktylen und einem Trochäus am Ende)einem Hemiepes (halber Hexameter) Schema: x´ x x x´ x x x´ x x x´ x x x´ x x x´ x x´ x x x´ x x x´ x´ x x x´ x x x´ x x x´ x x x´ x x x´ x x´ x x x´ x x x´
Beispiel: Klopstock: An Ebert
Ebert, mich scheucht ein trübere Gedanke vom blinkendem Weine
Tief in die Melancholey!
Ach du redest umsonst, vordem gewaltiges Kelchglas,
Heitre Gedanken mir zu!

2. Odenarten und Odengeschichte

2.1 gesellige Ode

  • liedartige Gesellschaftsgedichte, z. B. Lobgedichte, Traueroden
  • Vertreter der geselligen Ode: Weckherlin mit „Oden und Gesänge“ (1618/19)
  • 4 Unterarten:
  • 1. pindarische Oden (strophische Dreiteilung)
  • 2. höfische Oden (Verherrlichung von fürstlichen und politischen Persönlichkeiten)
  • 3. moralisierende und reflektierende Oden in liedartiger Strophenform
  • 4. gesellige Gesänge (Themen: v. a. Liebe und Wein)

2.2 pindarische Ode

  • höfische Lobgedichte oder Gelegenheitsgedichte (z. B. Hochzeitsoden, Traueroden)
  • erste große Zuwendung zur pindarischen Ode durch Gryphius
  • verschwand als lebendige Kunstform zu Beginn des 18. Jh.s
  • Ansätze zu hohem hymnischen Stil gingen über auf heroische Ode, die an ihre Stelle trat

2.3 heroische Ode

  • höfisch pointierte Huldigung
  • steigernde Analogie zur Antike
  • rhetorisches Pathos in der Verherrlichung der Herrschertugenden
  • Allegorie abstarkter Begriffe
  • Zurücktreten des Dichters
  • glorifizierende Haltung gegenüber dem Regentem

2.4 moralische Ode

  • moralische Reflexionen, z.T. religiös gefärbt
  • wichtige Rolle spielte die Allegorie
  • Vertreter: Hagedorn, Haller, Carl Friedrich Drollinger

2.5 horazische Ode

  • setzt ein mit „Freundschaftlichen Liedern“ von Immanueal Jacob Pyra und Samuel Gotthold Lange
  • Oden, die Sieg und Heldentum besingen
  • private Kunstlyrik an Freunde
  • Motive: Heroen, Freundschaft, Liebe, Natur
  • wichtige Rolle der Allegorie und antiken Mythologie
  • Gleim: „Oden nach dem Horaz“ (1769)

2.6 enthusiastische Ode

  • Oden Klopstocks
  • Klopstocks Absicht: Herzen erschüttern, mitreißen, durchtränken mit Lust und Schmerz
  • zeichnet sich aus durch Erhabenheit, Feierlichkeit und unmittelbare Leidenschaft
  • => erhabene Poesie in den höchsten, kunstvollsten Formen
  • Motive: Freundschaft, Leidenschaft, Liebe
  • sprachliche Besonderheiten: Abstraktionskraft des Wortes wird entdeckt
  • Gebrauch antiker Mythologie
  • Vertreter: Klopstock, Johann Heinrich Voß, Friedrich Leopold Stollberg
  • z. B. Klopstocks Zürchersee (1750)

2.7 elegische Ode

  • enthält Elemente der Tränenstimmung: Mond, Nachtigall, Tauben
  • zentrales Motiv: Sehnsucht
  • Neigung zu sanfter Melancholie, zarter Liebe und sentimentalem Naturgefühl
  • Vertreter: Hölty
  • z. B. Hölty: „Die Maynacht“ (1774), „An die Grille“, „Auftrag an die Freunde“

2.8 Hölderlins Oden

  • Höhepunkt der deutschen Odendichtung
  • nicht ein Charakter vorherrschend, sondern wechselnde Gestaltung, z. B.
  • dialektische Reflexionsgedichte: „Sokrates und Alkibiades“ (1798)
  • Feierlieder: „Tod fürs Vaterland“
  • Ich-Gedichte: „Abendphantasie“, „Der Main“
  • Zwiegespräche der Einzelseele mit dem Kosmos
  • Liebesoden: „Abschied“
  • Widmungsoden: „Der Prinzessin von Homburg“
  • Hölderlins Oden geprägt von einem hohen Stil
  • stehen inhaltlich zwischen Klassik und Romantik

3. Odenbeispiele

Hölderlin:

alkäische Oden:
  • Abendphantasie
  • An die Parzen
  • An Eduard
  • An eine Fürstin von Dessau
  • An eine Verlobte
  • Dem Sonnengott
  • Der Main
  • Der Tod fürs Vaterland
  • Der Zeitgeist
  • Des Morgens
  • Die Götter
  • Ermunterung
  • Gesang des Deutschen
  • Rousseau
sapphische Oden:
  • Unter den Alpen gesungen
asklepiadeische Oden:
  • Der Abschied
  • Dichtermut
  • Heidelberg
  • Ihre Genesung
  • Sokrates und Alkibiades

Hölty:

alkäische Oden:
  • Auftrag
sapphische Oden:
  • An die Grille
asklepiadeische Oden:
  • Der Kuß
  • Die Liebe
  • Die Mainacht

Klopstock:

archilochische Oden:
alkäische Oden:
sapphische Oden:
asklepiadeische Oden:

August von Platen:

sapphische Oden:

Johann Heinrich Voß:

alkäische Oden:
  • Der Maiabend

Josef Weinheber:

  • Ode an die Buchstaben

4. Literatur

  • Viëtor, Karl: Geschichte der deutschen Ode. 2. Aufl. Hildesheim 1961.

Weitere Infos zur Ode

https://de.wikipedia.org/wiki/Ode

About a Boy von Nick Hornby – Inhaltsangabe & Zusammenfassung

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Inhaltsangabe: About a Boy von Nick Hornby

Einleitung zu »About a Boy« von Nick Hornby


About a Boy (1998) des englischen Schriftstellers Nick Hornby ist ein komödiantischer Comedy-Roman über das Erwachsenwerden. Die Geschichte beginnt damit, dass der zwölfjährige Marcus Brewer 1993 mit seiner liebevollen, aber depressiven Mutter Fiona nach London umzieht.

Er kommt an eine neue Schule und muss sich dort an strenge soziale Normen für Verhalten und Auftreten gewöhnen. Marcus trägt zum einen nicht die richtige Kleidung und zum anderen spricht oder singt er vor sich hin, wenn er gestresst ist, ohne sich dessen bewusst zu sein, dass er es tut. Durch sein auffälliges Verhalten wird er schnell zur Zielscheibe von Schul-Rüpeln.

Zu Hause kommt Marcus mit seiner Mutter Fiona gut zurecht. Sie kümmert sich liebevoll und fürsorglich um Marcus, kann ihm wegen ihrer starken Depressionen aber nicht die Unterstützung bieten, die er eigentlich bräuchte.

Der Roman wurde im Jahr 2002 verfilmt, mit Hugh Grant und Nicholas Hoult in den Hauptrollen.

Inhaltsangabe zu »About a Boy« von Nick Hornby

Der zwölfjährige Marcus ist mit seiner depressiven Mutter Fiona von Cambridge nach London gezogen. Marcus wird an seiner neuen Schule von seinen Mitschülern schikaniert und gemobbt. Zeitgleich lebt in London auch der 36-jährige Will Freeman von den Tantiemen des berühmten Weihnachtsliedes seines Vaters, „Santa’s Super Sleigh“.

Will beschließt, sich mit attraktiven alleinstehenden Müttern zu verabreden und sich als der nette Kerl auszugeben. Er geht sogar so weit, einen zweijährigen Sohn, „Ned“, zu erfinden und tritt einer Gruppe namens SPAT (Single Parents Alone Together) bei.

Bei einem der regelmäßigen Treffen der SPAT Gruppe treffen Will und Marcus aufeinander, während Will versucht, mit Suzie zu flirten, die Marcus einen Tag lang betreut. Will und Marcus vertragen sich anfangs nicht, aber als Marcus versehentlich eine Ente tötet, nachdem er einen Brotlaib auf sie geworfen hat, erfindet Will eine Ausrede, die Marcus davor bewahrt, in Schwierigkeiten zu geraten. Als sie gemeinsam bei Marcus‘ Haus ankommen, stellen sie fest, dass Fiona nach einem Selbstmordversuch zusammengebrochen ist.

Obwohl Fiona überlebt, hat Marcus Angst um sie und beschließt, dass sie einen Freund braucht – und dass Will ein geeigneter Kandidat ist. Marcus versucht, die beiden zusammenzubringen, allerdings merkt er bald, dass zwischen den beiden Erwachsenen nichts passieren wird, aber er besteht darauf, Will trotzdem zu besuchen. Die beiden hängen in Wills Wohnung herum und als Will von dem Mobbing in der Schule erfährt, kauft er Marcus neue Turnschuhe, damit er von seinen Mitschülern akzeptiert wird.

Als Marcus‘ neue Turnschuhe von den Mobbern gestohlen werden und es zu einer Konfrontation zwischen Fiona und Will kommt, tut er sehr gleichgültig und willigt ein, keinen Kontakt mehr zu Marcus zu pflegen. Marcus besteht jedoch darauf, Will weiterhin zu besuchen und dieser stimmt schließlich zu.

Als Marcus auf einer Silvesterparty die alleinerziehende Mutter Rachel kennenlernt und sich sofort in sie verliebt, wird ihm klar, dass Marcus der einzige einnehmende Aspekt in seinem Leben ist. Rachel verwechselt Marcus jedoch mit Wills Sohn, aber Will korrigiert sie nicht. Er geht sogar so weit, eine Scharade zu inszenieren, in der Marcus sich als sein Sohn ausgibt. Schließlich ist er jedoch gezwungen, Rachel die Wahrheit zu sagen.

Sie nimmt ihm diese Lüge nicht lange übel, bleibt aber vorsichtig, wenn es in der Beziehung zu schnell geht. In der Zwischenzeit ist Marcus in der Schule selbstbewusster geworden und hat begonnen, mit Ellie McRae herumzuhängen und Nirvana zu hören. Er macht sich jedoch Sorgen um seine Mutter, die oft unkontrolliert weint.

Bei einem gemeinsamen Gespräch bemerkt Will, dass es einfacher ist, mit Fiona zu reden und sie zu trösten, als er es sich vorgestellt hat. Ihr Gespräch wird jedoch unterbrochen, weil Marcus und Ellie von einer Polizeiwache abgeholt werden müssen, nachdem Ellie eine Schaufensterauslage verunstaltet hat.

Am Ende des Romans haben Will und Marcus scheinbar die Rollen getauscht. Will, der seine Beziehung zu Rachel vertieft, ist ein verantwortungsbewusster Erwachsener geworden, während Marcus, der seine Meinung sagt und mit Ellie herumhängt, eher zu einem unbekümmerten, unauffälligen Teenager geworden ist.

Osterspaziergang – Johann Wolfgang von Goethe

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Autor: Johann Wolfgang von Goethe
Werk:
Osterspaziergang
Jahr: 1779

Vom Eise befreit sind Strom und Bäche
Durch des Frühlings holden, belebenden Blick;
Im Tale grünet Hoffnungsglück;
Der alte Winter, in seiner Schwäche,
5  Zog sich in rauhe Berge zurück.
Von dorther sendet er, fliehend, nur
Ohnmächtige Schauer körnigen Eises
In Streifen über die grünende Flur;
Aber die Sonne duldet kein Weißes:
10  Überall regt sich Bildung und Streben,
Alles will sie mit Farben beleben;
Doch an Blumen fehlts im Revier,
Sie nimmt geputzte Menschen dafür.
Kehre dich um, von diesen Höhen
15 Nach der Stadt zurück zu sehen!
Aus dem hohlen finstern Tor
Dringt ein buntes Gewimmel hervor.
Jeder sonnt sich heute so gern.
Sie feiern die Auferstehung des Herrn,
20 Denn sie sind selber auferstanden,
Aus niedriger Häuser dumpfen Gemächern,
Aus Handwerks- und Gewerbesbanden,
Aus dem Druck von Giebeln und Dächern,
Aus der Straßen quetschender Enge,
25 Aus der Kirchen ehrwürdiger Nacht
Sind sie alle ans Licht gebracht.
Sieh nur, sieh! wie behend sich die Menge
Durch die Gärten und Felder zerschlägt,
Wie der Fluß in Breit und Länge
30 So manchen lustigen Nachen bewegt,
Und, bis zum Sinken überladen,
Entfernt sich dieser letzte Kahn.
Selbst von des Berges fernen Pfaden
Blinken uns farbige Kleider an.
35Ich höre schon des Dorfs Getümmel,
Hier ist des Volkes wahrer Himmel,
Zufrieden jauchzet groß und klein:
Hier bin ich Mensch, hier darf ichs sein!

(Faust. Der Tragödie erster Teil. Vor dem Tor)

Mehr Infos zum Werk Osterspaziergang

https://de.wikipedia.org/wiki/Faust._Eine_Trag%C3%B6die.#Osterspaziergang